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Die Folgen der Verletzung der Pflicht zur Anzeige eines anstehenden Krankenhausaufenthaltes durch den Arbeitnehmer

I.)    Sachverhalt
Arbeitnehmerin A weiß seit Dezember 2014, dass sie voraussichtlich im März 2015 aus gesundheitlichen Gründen operiert werden muss und dadurch mindestens 4 Wochen ausfällt. Dies zeigt sie dem Arbeitgeber und Vorgesetzten B jedoch nicht an, da sie befürchtet gekündigt zu werden. Im März 2015 wird A schließlich operiert und fällt aufgrund von Genesungsgründen für 6 Wochen aus.

Ein Attest hat sie von ihrem Arzt ausgestellt bekommen. Dies legt die A dem B im März 2015 nach der Operation vor. B ist erschüttert über den langen Arbeitsausfall und fragt sich warum er nichts vorher davon wusste, damit er die Arbeit hätte besser delegieren können.
a.)    B fragt sich nun, ob die Vorgehensweise der A rechtmäßig.
b.)    Wenn das Vorgehen rechtswidrig war, fragt er sich, ob er Konsequenzen walten lassen kann.
c.)    Was wäre, wenn A ihrer Arbeitskollegin C über ihren Arbeitsausfall erzählt hätte.

II.)    Voraussetzungen
Zu a.):
Im vorliegenden Fall steht die Anzeigepflicht des Arbeitnehmers bei Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer gegenüber dem Arbeitgeber gem. § 5 I S. 1 EFZG im Raum. Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer verpflichtet, seine erstmalige oder fortdauernde Arbeitsunfähigkeit dem Arbeitgeber unverzüglich anzuzeigen (APS/Dörner/Vossen, BGB § 626 Rn. 241). Diese gilt nicht erst dann, wenn er auf Grund einer ärztlichen Untersuchung deren voraussichtliche Dauer mitteilen kann, sondern sobald er die entsprechenden Symptome und deren Auswirkung verspürt (APS/Dörner/Vossen, a.a.O., Rn. 241; BAG, Urteil vom 31. 8. 1989 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 28; NZA 1990, 443). Der Arbeitnehmer muss also, sobald er von seiner Arbeitsunfähigkeit Kenntnis erlangt hat, den Arbeitgeber unverzüglich darüber informieren (öAT 2014, 135). Unverzügliche Benachrichtigung des Arbeitgebers bedeutet, dass es ohne schuldhaftes Zögern durch den Arbeitnehmer erfolgt (ErfK/Reinhard, EFZG § 5 Rn. 6). Der Arbeitnehmer muss den Arbeitgeber aber nur so schnell informieren, wie es nach den Umständen des Einzelfalls möglich ist (ErfK/Reinhard, EFZG § 5 Rn. 6.). Das erfordert im Regelfall eine telefonische Nachricht zu Beginn der betrieblichen Arbeitszeit am ersten Arbeitstag (MüKoBGB/Müller-Glöge, § 5 EFZG Rn. 5.).  Darüber hinaus bedarf es bei längeren Erkrankungen von mehr als drei Kalendertagen gem. § 5 I S. 2 EFZG einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die vorgelegt werden muss (öAT 2014, 135). Eine briefliche Anzeige der Arbeitsunfähigkeit genügt regelmäßig nicht, sondern es kommt lediglich die Einschaltung eines Boten oder die Bedienung von modernen Telekommunikation in Betracht (ErfK/Reinhard, EFZG § 5 Rn. 7.; MüKoBGB/Müller-Glöge, § 5 EFZG, Rn. 5.).
Im vorliegenden Fall hat die A dem B nicht unverzüglich über die in der Zukunft liegenden Arbeitsunfähigkeit informiert. Sie hat somit ihre Anzeigepflicht gem. § 5 I S. 1 EFZG verletzt. Bereits im Dezember 2014 wusste sie, dass sie für mindestens 4 Wochen im März 2015 ausfallen wird. Dementsprechend hätte sie B bereits im Dezember 2014 darüber aufklären bzw. informieren müssen. Das Verhalten bzw. die Vorgehensweise der A war somit nicht rechtmäßig.
Zu b.):
Verletzt der Arbeitnehmer seine Anzeigepflicht aus § 5 I S. 1 EFZG, so ist der Arbeitgeber berechtigt, eine Ermahnung oder Abmahnung auszusprechen (öAT 2014, 137). Liegt sogar eine beharrliche Verletzung der Anzeige- und Nachweispflichten trotz einschlägiger Abmahnung vor, so ist der Arbeitgeber je nach den Umständen des Einzelfalles auch zum Ausspruch einer ordentlichen oder gar außerordentlichen Kündigung berechtigt (vgl. LAG Main, Urteil vom 03.02.2014 – 3 Sa423/13 – zitiert nach Beck-online)
B könnte also im vorliegenden Fall die A lediglich ermahnen oder abmahnen. Eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung käme noch nicht in Betracht.
Zu c.):
Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber zu benachrichtigen, sodass ein Vorgesetzter oder einer vom Arbeitgeber zur Entgegennahme von Erklärungen autorisierter Mitarbeiter benachrichtigt werden muss (ErfK/Reinhard EFZG § 5 Rn. 8.).
Im vorliegenden Fall ist daher die Mitteilung an die Arbeitskollegin C nicht ausreichend. Die Mitteilung der A hätte an ihren Vorgesetzen B erfolgen müssen. Auch in diesem Fall hätte A ihre Anzeigepflicht verletzt und B könnte eine Ermahnung oder Abmahnung aussprechen.

RA Mass und stud. iur. Bleckat

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