Etwa 60 % der in den Jahren 1994 bis 2007 abgeschlossen Lebensversicherungen können widerrufen werden. Das hat die Verbraucherschutzorganisation Bund der Versicherten (BdV) auf Grundlage mehrerer Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) errechnet.
Worum geht es?
In mehreren Urteilen hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass die von Versicherungen verwendete Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. entspricht, Az. IV ZR 76/11 und IV ZR 384/14.
Der Versicherungskonzern Allianz geht von insgesamt 108 Millionen betroffenen Verträgen aus, bei denen die Versicherten ihre gesamten Beiträge samt Zinsen von der Versicherung zurückfordern können.
Wer kann seinen Vertrag widerrufen?
Versicherungskunden, die ihre Lebensversicherung zwischen 1994 und 2007 unter einer unzureichenden Widerrufsbelehrung abgeschlossen haben, können ihren Vertrag jetzt widerrufen. Auch Verträge die bereits gekündigt wurden oder ausgelaufen sind, sind von dieser Möglichkeit eingeschlossen.
Warum sollte ich mich für einen Widerruf entscheiden?
Eigentlich garantieren diese Altverträge eine Mindestverzinsung (sog. Garantieverzinsung), die weit über dem aktuellen Niedrigzinsumfeld liegt. Für viele Versicherte mag dies – und der Wegfall des Versicherungsschutzes – ein Argument gegen einen Widerruf sein.
Allerdings wird diese Garantieverzinsung nur auf den Sparanteil berechnet. Das bedeutet, dass die Versicherung vor der Berechnung noch die Abschlussprovision sowie Verwaltungskosten abzieht. Effektiv erhalten Sie also eine niedrigere Beitragsrendite als tatsächlich ausgewiesen. So hatte die Ratingagentur Assekurata auf Grundlage von 62 Lebensversicherern berechnet, dass von einer aktuellen Garantieverzinsung von 1,25 % tatsächlich nur 0,42 % übrig bleiben.
Gerade bei jüngeren Verträgen aus den Jahren 2005 bis 2007 kann deshalb ein Widerruf interessant sein, weil hier regelmäßig die Abschlusskosten noch die eingezahlten Beiträge überwiegen.
Wann genau lohnt sich ein Widerruf?
Bei einem Widerruf erhalten Sie nicht nur sämtliche Beitragszahlungen von der Versicherung zurück, sondern bekommen auch eine Nutzungsentschädigung als Ausgleich dafür, dass Sie mit diesem Geld nicht anderweitig „arbeiten“ konnten.
In der Entscheidung des BGH vom 07.05.2014, Az. IV ZR 76/11 musste die Versicherung an den Kläger insgesamt knapp 12.000 € zurückerstatten.
Wann genau sich ein Widerspruch lohnt, lässt sich nicht pauschal sagen. Die Berechnung der Nutzungsentschädigung ist sehr komplex. Sie muss auf Monatsbasis erfolgen und dabei die Rendite ausweisen, die das Versicherungsunternehmen durch Ihr Geld erwirtschaftet hat. Derzeit existiert allerdings kein Rechner, der einen ersten Überblick verschafft.
Wollen Sie Ihren Renten- und Lebensversicherungen widerrufen? Nehmen Sie einfach mit uns Kontakt auf!