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Darstellung der umfangreichen Rechtsprechung des BGH zu Lehman-Zertifikaten (Rückvergütung in Abgrenzung zur Gewinnmarge)

BGH nach Urteilen vom 27.09.2011 – XI ZR 178/10 u. XI ZR 182/10 sowie weitere Urteile vom 26.06.2012 – XI ZR 316/11 und vom 17.09.2013 – XI ZR 332/12

Leitsätze
1. Eine Bank muss die von ihr empfohlenen Anlagen kritisch – gerade die Bonität der Emittentin – überprüfen.

2. Da die Einlagen des Zertifikats kein Sondervermögen bilden, ist gesondert darauf hinzuweisen, dass eine spätere Auszahlung nur möglich ist, wenn die Emittentin bei Fälligkeit über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügt.

3. Über den möglichen Ausfall der Einlagensicherung ist nicht aufzuklären.

Sachverhalt
Der Kläger erwarb im Dezember 2006 nach einer Beratung seiner Bank mehrere Zertifikate an „ProtectExpress“-Anleihen der Lehman Brothers Treasury Co. B.V.. Die Rückzahlung der Zertifikate war dabei durch die amerikanische Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. (Muttergesellschaft der Emittentin) abgesichert, was als besondere Sicherheit beworben wurde. Diese wurde allerdings im September 2008 insolvent, was die Wertlosigkeit der Anleihen nach sich zog. Der Kläger verklagte die Bank auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung, insbesondere sei er nicht auf eine Gewinnmarge (Differenz zwischen Kosten und Erlös) der Bank hingewiesen worden.

Entscheidung
Nach Ansicht des BGH gilt, dass eine Beratung anleger- und objektgerecht sein muss. Durch den Beratungsvertrag ist die Bank gegenüber dem Anleger verpflichtet in einer richtigen und vollständigen Aufklärung über alle wesentlichen Umstände der Anlageentscheidung zu unterrichten. Dabei variieren Inhalt und Umfang der Beratung abhängig vom Einzelfall.

Eine Bank muss nach dem BGH (XI ZR 178/10) daher die von ihr empfohlenen Anlagen zuvor kritisch überprüfen. Im Überprüfungsumfang ist, aufgrund ihrer maßgeblichen Bedeutung, dabei gerade die Bonität der Emittentin zu kontrollieren.

Auf den Umstand, dass die Auszahlung des Zertifikats bei Fälligkeit nur möglich ist, sofern auch die Emittentin über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügt, da mit den Einlagen der Zertifikate kein Sondervermögen geschaffen wird, ist gesondert hinzuweisen. Zwar wird dem durchschnittlichen Anleger bewusst sein, dass Unternehmen insolvent werden können, anderes gilt aber in Bezug auf das zusammengeführte Vermögen der Emittentin, dass nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt werden kann.

Hinfällig ist dagegen, eine zusätzliche Aufklärung über den Ausfall der Einlagensicherung. Der Anleger kann nach der Aufklärung über einen möglichen Totalverlust seiner Einlage, nicht parallel auf eine Einlagensicherung vertrauen. Für ihn ist es unwichtig, ob die letztendliche Auszahlung aufgrund der Insolvenz des Emittenten oder wegen einer Nichtdeckung durch die Einlagensicherungssysteme unterbleibt (BGH XI ZR 182/10)

Der BGH hat ferner entschieden, dass eine Bank nicht über die durch den Verkauf erzielte Gewinnmarge aufklären muss. Dies war bis dato zwischen der Literatur und Rechtsprechung strittig. Einem Anleger muss, nach Ansicht des BGH, klar sein, dass die Bank bei der Empfehlung eigener Anlageprodukte auch eigene Interessen verfolgt.

Dem steht auch die bisherige Rechtsprechung über Rückvergütung nicht entgegen. Denn über eine erhaltene Rückvergütung muss die Bank aufklären, da die Bank in einem solchen Fall, ein für den Kunden nicht erkennbares Interesse hat, eben diese Anlage zu empfehlen.
Eine Rückvergütung erfasst aber nur die nicht ausgewiesene Innenprovision – Darunter fallen Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Anleger an die Emittentin zahlen muss und die verdeckt an die beratende Bank ausgezahlt werden. Die Gewinnmarge fällt aber gerade nicht unter diese Rubrik, weshalb eine Aufklärungspflicht abzulehnen ist.

Praxishinweis
Die als anlegerunfreundlich bezeichnete Entscheidung des BGH, in Bezug auf die nicht Offenlegung der Gewinnmarge ist nachzuvollziehen. Trotzdem kreieren einige Anwälte ein aufreißerisches Bild über diese Entscheidung. Das eine Bank bei dem Vertrieb einer Anlage auch selbst Gewinninteressen hat, sollte einem Anleger bekannt sein. Für den durchschnittlichen Anleger ergeben sich daher keine besonderen Einschnitte aus dieser Entscheidung.

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RA Mass, LL.M. und stud. iur. Specht

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