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Abmahnung und Klagen ohne Aussicht auf Erfolg – BGH schärft Anwaltshaftung

In einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 01.12.2015, Aktenzeichen X ZR 170/12 hat der Bundesgerichtshof eine Schadensersatzpflicht für Anwälte angenommen, wenn diese ihre Mandanten zu einer Abmahnung raten, ohne vorher eine ordnungsgemäße Beratung durchgeführt zu haben. Vor schlampigen Anwältgen warnt auch die Verbraucherzentrale Hessen in einem aktuellen Beitrag in der WiWo. Diese „Anlegeranwälte“ würden geschädigten Kapitalanlegern per Rundschreiben Hoffnung auf einen Rückerhalt ihrer verlorengeglaubten Kapitaleinlagen machen und zu – in Wirklichkeit aussichtslosen – Klagen raten (http://www.wiwo.de/finanzen/geldanlage/anlegeranwaelte-abkassieren-ohne-aussicht-auf-erfolg/13445148.html).

I. Klagen ohne Aussicht auf Erfolg

Dabei besteht in vielen Fällen für geschädigte Anleger kaum eine Chance, ihr Kapital zurückzuerhalten. Doch die sog. „Anlegeranwälte“ würden – so die Verbraucherzentrale Hessen – von der Hoffnung und Unkenntnis ihrer Mandanten profitieren. Wegen pauschalen Honorarvereinbarungen müssten die Mandanten auch dann Geld entrichten, wenn Anträge oder Prozesse ohne Aussicht auf Erfolg abgewiesen werden.

Nicht jedes ohne Aufforderung erhaltene anwaltliche Rundschreiben ist jedoch eine Kostenfalle: Oftmals geben solche Briefe den Adressaten wichtige Hinweise auf juristische Chancen. Wegen einer überwältigenden Nachfrage schaffen seriöse Anwälte dann aber keine solide Bearbeitung der Fälle mehr und erledigen diese dann nur noch pauschal.

So hatte der Bundesgerichtshof etwa im vergangenen Jahr mehrere Güteanträge für ungültig erklärt (Aktenzeichen III ZR 189/14, 191/14, 198/14 und 227/14), weil diese zu ungenau gefasst waren. Nach Ansicht des BGH hätten die Anträge genauere Informationen zum Investment, zur Anlagesumme und zum Beratungszeitraum enthalten oder zumindest grob umreißen müssen. Da dies nicht der Fall war, sind zahlreiche erfolgsversprechende Ansprüche der Anleger verjährt. (In diesem besonderen Fall kann ein Schadensersatzanspruch gegen ihren Anwalt bestehen, wenn Ansprüche bei pflichtgemäßem Verhalten des Rechtsanwalts durchsetzbar gewesen wären.)

Ein juristischer Laie wird die schlampige Arbeit seines Rechtsanwalts regelmäßig aber erst vor Gericht, bei Abweisung seiner Klage oder seines Mahnbescheids bemerken. Die Kostentragung fällt dann einseitig zu Lasten des Mandanten.

Für geschädigte Mandanten besteht aber Hoffnung:

Rechtsanwälte, die ihren Mandanten dazu geraten haben, Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung durch eine Klage/Mahnbescheid geltend zu machen und dabei bewusst falsche Angaben gemacht haben, haben unter anderem ihre Pflicht aus dem Rechtsanwaltsvertrag, ihren Mandanten zum sichersten Weg zu raten, verletzt. Unter dem Gesichtspunkt der Anwaltshaftung haben Mandanten dann einen Anspruch auf Schadensersatz gegenüber ihrem Anwalt.

Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2015 (Aktenzeichen IV ZR 266/14) übernehmen die Rechtsschutzversicherungen auch Kosten, die durch die Klage gegen einen windigen Anwalt entstehen, der Prozesse oder Anträge ohne Erfolgsaussichten geführt hat.

II. Schadensersatz wegen unberechtigter Abmahnung auch für Nichtmandanten

Da ein beauftragter Rechtsanwalt aus dem Mandatsvertrag nur seinem Mandanten gegenüber zu einer zutreffenden und umfassenden Beratung verpflichtet ist, hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 01.12.2015, Aktenzeichen X ZR 170/12 über die Haftung zwischen Anwalt und Mandant hinaus auch für die geschädigte Gegenseite einen Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung (§ 823 BGB) angenommen.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs hat ein Rechtsanwalt aufgrund seines Mandatsvertrags erhebliche Möglichkeiten auf seinen Mandanten einzuwirken. Von ihm könne deshalb erwartet werden seinen Mandanten so zu beraten, dass sich dieser nicht irrtümlich wegen einer falsch einschätzenden Beratung dazu entschließt, einen Dritten unberechtigt abzumahnen und dadurch in dessen Rechte eingreift (im vorliegenden Fall nahm der BGH eine Verletzung des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs als „sonstiges Recht“ i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB an). Der Rechtsanwalt sei insoweit auch Garant gegenüber dem von einer unberechtigten Abmahnung betroffenen Dritten.

Eine Haftung des Anwalts nach § 823 Abs. 1 BGB komme deshalb nur in Betracht, wenn die Abmahnung auf einer die Rechtslage fahrlässig falsch einschätzenden Beratung des Rechtsanwalts beruhe. Dagegen ist ein Schadensersatzanspruch ausgeschlossen, wenn sich der Mandant trotz Hinweisen auf alle wesentlichen Gesichtspunkte für eine Abmahnung entscheidet. Die Entscheidung zur Abmahnung liege dann nicht mehr im Verantwortungsbereich des Rechtsanwalts, sondern beim vollumfänglich beratenen Mandanten.

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06 Mrz 2024 13:35 / von Dimitri Mass

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